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t.)     Der Genievergleich
[...] Als sich die Gelegenheit bot, eines der berühmtesten Manuskripte von Leonardo da Vinci, den großartigen Codex Leicester, erstmals in Deutschland zu präsentieren, haben wir nicht lange gezögert, dieses Projekt begeistert in Angriff zu nehmen. [...] Rasch war daher auch die Idee geboren, das italienische Universalgenie mit Joseph Beuys, dem ihm ebenbürtigen Künstler-Denker des 20. Jahrhunderts, zu konfrontieren.
So stehen nun in dieser Ausstellung zwei der einflußreichsten Künstler aller Zeiten mit jeweils ungewöhnlichen, aber einander vergleichbaren Werkkomplexen in einem aufregenden Dialog.
[...] Wie Leonardo da Vinci, der sich selbst "Ingenieur" nannte, hat 500 Jahre später auch Joseph Beuys die Vorstellungen vom Künstler und die Grenzen der Kunst erweitert. [...] Nach Beuys besaß Leonardo im Gegensatz etwa zu Galileo Galilei die Fähigkeit, in seine analytischen Beobachtungen auch mythologische Zusammenhänge einzubeziehen. [...] Die Gegenüberstellung der organisch-prozessualen Strukturen der Codices Madrid-Zeichnungen von Beuys mit dem Codex Leicester überrascht um so mehr, als die Strömungsverläufe, Kreismodelle und Kraftfelder von Beuys in der Verbindung zu den Wasserstrudel- und Naturdarstellungen Leonardos unmittelbar aufeinander bezogen scheinen. [...] In ihrem selbstbewußt suchenden Charakter vermitteln die ausgestellten Werkkomplexe einen beispiellosen Einblick in den kreativen Prozeß zweier Geistesverwandter. Die Gedanken beider Künstler ergänzen sich wechselseitig auf kongeniale Weise. Beuys erklärt sich durch Leonardo - und Leonardo erfährt durch Beuys eine ganz und gar aktuelle Interpretation. Gedanken zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sind in einen fließenden Austausch geraten. [...] ... während bei den Autoren im Hier und Jetzt ihre hypertrophen Vergleiche und Maßstäbe völlig aus der Bahn gerieten ...

Quelle:
Katalog
Leonardo da Vici, Codex Leicester
Haus der Kunst, München
Museum der Dinge, Berlin (1999)

Autoren:
Christoph Vitali - Angelika Thiekötter